Reisebericht April 2017

Überführung von Werft in Maasbracht (Maastricht) nach Schweich (Trier)

 

Maas > Maastricht – Lüttich – Namur – Givet – Sedan – Verdun – Toul

 

Mosel > Toul – Metz – Thionville – Schengen - Trier

 

Strecke: 650 km

 

Fahrzeit: 110 Stunden

 

Anzahl Schleusen: ca. 120 Stk

 

Anzahl Reisetage: 21

 

Dieselverbrauch: ca. 650 L inkl. eigene

Stromversorgung / Heizung

 

Grösster Hub Schleuse: 15 Meter

 

Kleinster Hub Schleuse: 0.80 Meter

 

Nach der Übernahme in der Werft starteten wir am 4. April unsere Reise nach Schweich nahe Trier. Die Erfahrung mit Schiffen war und ist bei uns sehr klein und so konnten wir ohne Vorurteile ans Werk gehen. Die ersten Etappen nach Maastricht, Lüttich in Belgien bis an die Französische Grenze bei Givet erfolgten auf der Kanalisierten Maas welche für die Grossschifffahrt ausgebaut ist. Schiffe von über 120 m Länge waren keine Seltenheit und so kommt man sich im Sportboot doch etwas verloren vor wenn man gemeinsam in eine Schleuse muss. Fakt ist aber dass man sich mit der Zeit daran Gewöhnt und die anfängliche Angst in Respekt umwandelt!

 

Die besuchten Städte zeugen vom einstigen Reichtum der Region doch ist der Zerfall der Industrialisierung insbesondere in Belgien überall sichtbar. Ungewohnt für uns Schweizer war, dass in Belgien sogar Bergsteigen möglich ist. Nach Namur gibt es mehrere Orte wo man Heerscharen von Kletterer an den Wänden beobachten konnte! Ich dachte immer Belgier spielen nur Fussball und sind leidenschaftliche Radfahrer. In Frankreich wird die Maas zu einem Fluss mit kanalisierten Streckenabschnitten für die Schifffahrt. Auch die Schleusengrösse wird merklich kleiner. Diese ist 38.5 x 5.5 Meter. Unser Schiff hat eine Breite von 4.5 Metern und bei den ersten Schleusen hatte man(n) immer den Eindruck dass ein Einfahren nicht möglich ist! Auch die Höhe der Brücken nimmt merklich ab. Waren es in Holland und Belgien noch 6.5 Meter Durchfahrtshöhe so waren es ab Givet nur noch 3.5 Meter. So hiess es ab Givet vor jeder Brücke oder Schleuse: Mast umlegen nicht vergessen sonst kracht es!

 

Auf den 200 Km Streckenabschnitt auf der Maas in Frankreich bis zum Übergang auf die Mosel bei Toul haben wir praktisch kein anderes Schiff angetroffen. Vereinzelt Sportboote aber kein einziges Schiff mit kommerziellem Hintergrund. So hatten wir auch keine Wartezeiten vor den Schleusen vorausgesetzt diese funktionierte auch! Es ist häufig vorgekommen dass wir vor einer Schleuse warten mussten bis diese Repariert wurde und so war eine Fahrplanung nicht möglich. Gab es Tage wo man bis 50 Km fahren konnte, waren es ja nach Verfügbarkeit der Schleusen auch manchmal nur 20 km am Tag.

Die Region von Sedan bis Verdun und Toul waren vor 100 Jahren jedermann ein Begriff da zu dieser Zeit die grossen Massaker an Soldaten während der Schlacht um Verdun während des ersten Weltkrieges stattfanden. Besuche in den Dörfern, Friedhöfen und Museen in dieser Region erzeugen eine gedrückte Stimmung und man fragt sich wie ein solcher Wahnsinn überhaupt möglich war. Während 18 Monaten starb pro Minute ein Soldat oder anders ausgedrückt ca. 800'000 Soldaten in 1 ½ Jahren.

 

Die ganze Region hat sich wohl nie mehr davon erholt und heutzutage ist es eine verlassene Gegend wo, so hatte ich den Eindruck, jeder der kann diese Richtung Paris verlässt. Keine Industrie, wenig Gewerbe und Handel und da letzte was bleibt ist eine lahmende Landwirtschaft auf Grund der Topographie. Ob der Tourismus da etwas ändern kann ist mehr als fragwürdig vor allem wenn man persönlich erlebt wie unmotiviert und unprofessionell sich die Franzosen in diesem Bereich verhalten. Dienstleistungswüste wo man hinschaut. Den Spruch der Kunde ist König hat wohl noch nie jemand ins Französische übersetzt!! Nach Toul fährt man auf der Mosel und hier gibt es wieder Berufssschifffahrt und die Schleusen werden wieder 120 x 30 Meter gross. Hier erreicht man auch relativ zügig die Stadt Metz die eine sehr positive Überraschung war. Die Region Lothringen wurde sehr stark vom Niedergang der Kohle- und Stahlindustrie vor 20 Jahren getroffen aber in Metz sind überall Zeichen eines Neuanfangs sichtbar. Unser Subjektiver Eindruck als Tourist äussert sich auch in kleinen Details wie Fahrradwege in der Stadt und der Umgebung, neue Museen, Dienstleistungscentren im Grünen und einem aktiven Stadtmarketing. Diesen Besuch werden wir mit Sicherheit wiederholen.

 

Von Metz aus sind es 3 Tage bis zu unserem Heimathafen Schweich. Die Mosel führt durch Thionville, Schengen in Luxemburg und Trier. Nach 21 Tagen habe wir dann ohne grössere Blessuren am Schiff Schweich erreicht und jetzt werden die ersten Service- und letzten Garantiearbeiten erledigt. Bald geht die Reise weiter über die Saar nach Strassburg an den Rhein Richtung Süden.

 

Zusammenfassung:

Ziel dieser Reise war es neben dem Überführen des Schiffes auch herauszufinden ob unsere Vorstellungen des Schiffes sich auch in der Praxis bewähren. Ohne jegliche Erfahrung als Schifffahrer wussten wir nicht wirklich was auf uns zukommt. Nach 3 Wochen können wir sagen es hat unsere Erwartungen mehr als erfüllt. Trotz zum Teil lausigem Wetter bei Temperaturen von -5° C, Regen und Schnee hatten wir im Schiff keinerlei Kondenswasser und die Heizung lief tadellos und ermöglichte Temperaturen von 20° C wie zu Hause. Das Leben an Bord in Bezug auf Platzverhältnisse (Schlafen, Köperpflege, Essen etc.) funktionierte Reibungslos zwischen uns und wir mussten wenig Kompromisse gegenüber unserem Leben zu Hause eingehen. Auch die Infrastruktur an Bord ist genial und bis dato haben wir auch nichts vermisst. Die Bedienung und das Handling des Schiffes mit 2 Personen ist ohne Probleme möglich sei es beim Fahren auf Fluss oder Kanal, Anlegen im Hafen oder beim Schleusen. Wir hatten anfangs grossen Respekt vor der Grösse des Schiffes und Bedenken ob wir damit Überfordert seien da uns diesbezüglich jegliche Erfahrung fehlte. Dies hat sich in der Zwischenzeit geändert und so freuen wir uns auf die nächsten Reisen.